Redebeitrag Perspektive von Antifagruppen

Seit vielen Jahren haben wir als Antifaschistische Linke Münster uns zu unzähligen Gelegenheiten gemeinsam mit anderen Antifaschist*innen Nazis in den Weg gestellt, gesetzt oder es zumindest versucht. Dabei waren wir laut und entschlossen, mal bunt, mal im black block unterwegs, mal zahlreich, mal nur eine handvoll Leute. Aber unser Ziel war immer klar: Dort wo Neonazis Auftreten, sind wir ihnen so entschlossen wir können im Weg.

Denn wenn Nazis ungestört durch Straßenzüge und Stadtteile marschieren können, fühlen sie sich stark. Sie sorgen für Angst und Unsicherheit derer, die dort leben, sie bedrohen vor allem die, gegen die sich ihre Menschenverachtung richtet.
Das prominenteste Beispiel für erfolgreiche Blockaden von Naziaufmärschen bleibt wohl Dresden im Jahr 2011. Der bis dato größte Neonazi-Aufmarsch in Europa wurde dort im Februar erfolgreich durch eine Massenblockade verhindert. Auch aus NRW fuhren damals zahllose Busse aus unterschiedlichen Städten nach Dresden, um mit direktem Protest in nächster Nähe deutlich zu machen, dass Nazis kein Meter der Straße ohne Kampf überlassen werden darf. Am Beispiel Dresden hat sich damals gezeigt: Gut vorbereitete und strategisch durchdachte, breit angelegte und friedliche Blockadekonzepte sind ein effektives Instrument gegen Raumnahme und Machtdemonstration von Neonazis.

Genau diese Protestform wird durch das neue Versammlungsgesetz ganz besonders in den Fokus genommen. Das ohnehin schon existente „Störverbot“ wird im Entwurf erheblich verschärft – und zwar in einer Weise, die ganz offensichtlich den effektiven Protest gegen Neonazidemonstrationen und auch die Vorbereitung darauf in Blockadetrainings erheblich erschweren soll. Gleichzeitig behauptet die Landesregierung mit diesem Gesetz in erster Linie “Neonazis die Stirn zu bieten”. Aber ohne Hufeisen geht’s im Innenministerium nicht: Jeder Bezug zur extremen Rechten wird mit einem Nachsatz von den angeblich genauso gefährlichen “Linksextremisten” begleitet.
Gerade in Städten und Dörfern,mit aktiven organisierten Naziszenen, ist es harte Arbeit, diesen konstant Proteste entgegenzusetzen. Den Antifaschist:innen, die mit ihrer Arbeit an solchen Orten tatsächlich Neonazis die Stirn bieten, gebührt unserer Meinung nach Anerkennung und Respekt. Stattdessen bekommen sie mit dem neuen Versammlungsgesetz einen Repressionskatalog vor die Füße geworfen, der ihre Arbeit gegen Naziaktivitäten noch schwerer macht als sie ohnehin oft schon ist. Das passt ins Bild: Antifa-Gruppen übernehmen nicht selten die notwendige Drecksarbeit im Kampf gegen Nazis – und werden dafür am Ende selbst kriminalisiert.

Die schwammigen Formulierungen im Gesetzesentwurf zum „Militanzverbot“ haben das Potenzial, der Willkür in den Reihen der Polizei, aber auch in der juristischen Bewertung, Tür und Tor zu öffnen. Die Hürden, überhaupt eine Versammlung anzumelden, werden erhöht, etwa durch Listen mit den Namen und Adressen vorn Ordner*innen die im Vorfeld abgegeben werden sollen. Wir wollen uns angesichts all der extrem rechten so genannten Einzelfälle bei der Polizei lieber kein Bild davon machen, wo Listen mit Namen und Adressen von Nazi-Gegner*innen am Ende landen.

Es scheint beinahe so, als wolle die Landesregierung möglichst viel dafür tun, damit Nazis in Ruhe demonstrieren können, ohne sich dabei ernsthaftem und spürbarem Widerspruch aussetzen zu müssen. Denn Versammlungen und Protesten gegen ihre Aufmärsche wird pauschal ein kriminelles Framing verpasst. Das schreckt ab und schüchtert ein: Selbst wenn Menschen eine klare Haltung gegen Neonazis und ihr Weltbild haben, werden sie es sich unter solchen Vorzeichen künftig vielleicht zweimal überlegen, ob sie gegen einen Naziaufmarsch durch ihr Viertel auf die Straße gehen. Deswegen ist für uns klar:
Diese autoritäre Verschärfung des Versammlungsgesetzes muss verhindert werden.
Wir werden auch in Zukunft dort sitzen oder stehen, wo Nazis demonstrieren wollen. Für uns gilt weiterhin: Keinen Meter den Nazis!