Am 20.3. veranstalten wir ein spannendes Diskussionsforum mit interessanten Teilnehmenden. Hybrid und vor Ort.
Aufruf zur Prozessbeobachtung!
Solidarität mit dem Angeklagten!
Erst vergangene Woche fand der erste Prozess gegen einen Teilnehmer der Großdemonstration gegen das mittlerweile verabschiedete Versammlungsgesetz NRW am 26.06.2021 in Düsseldorf statt. Nun steht ein zweiter Prozess gegen einen weiteren Demonstranten an. Ihm wird Verstoß gegen das Versammlungsgesetz wegen Vermummung vorgeworfen. Auf Grund dieses pauschalen Vorwurfs war der Angeklagte während der Großdemonstration mit hunderten Antifaschist:innen mehrere Stunden in einem Kessel festgehalten, erkennungsdienstlich behandelt und des Platzes verwiesen worden. Zu Unrecht wird dem Angeklagten, dem der legitime Protest gegen ein repressives Versammlungsgesetz mit Gewalt verwehrt wurde, der Prozess gemacht.
Wir rufen dazu auf, den anstehenden Prozess am kommenden Montag und weitere Prozesse gegen Teilnehmer:innen der Großdemonstration gegen das Versammlungsgesetz NRW kritisch zu begleiten und sich öffentlich solidarisch zu erklären. Wir fordern die sofortige Einstellung der Verfahren und Entschädigung! Der Protest gegen das undemokratische Versammlungsgesetz NRW ist legitim und kein Verbrechen!
Die Gerichtsverhandlung findet am Montag, den 31.01.2022, um 11:30 Uhr am Amtsgericht Düsseldorf (Werdener Straße 1, 40227 Düsseldorf) statt. Denkt an die Einlasskontrollen und erscheint frühzeitig.
#VersGNRWstoppen
#NoVersGNRW
Prozesstermin gegen Demonstranten der Großdemonstration vom 26.06. wegen fehlender Akteneinsicht vertagt!
Am 26.06. fand in Düsseldorf erstmals eine Großdemonstration gegen das vor Kurzem von der schwarz-gelben Landesregierung verabschiedete Versammlungsgesetz NRW statt. Dem Aufruf des breiten Bündnisses „Versammlungsgesetz NRW stoppen – Grundrechte erhalten!“ folgten etwa 10.000 Menschen. Die Demonstration selbst wurde bereits kurz nach Beginn durch die Polizei angegriffen, im weiteren Verlauf wurden hunderte Antifaschist:innen stundenlang eingekesselt, es gab zahlreiche Festnahmen und zum Teil massive Polizeigewalt.
Der Fall eines Demonstranten, der von der Polizei in eine Tiefgarage gezogen und dort misshandelt wurde, sollte am 19.01. vor dem Amtsgericht Düsseldorf verhandelt werden. Dem Demonstranten wird Widerstand gegen und tätlicher Angriff auf Vollstreckungsbeamt:innen vorgeworfen. Vor dem Gericht hielt das Bündnis eine Kundgebung ab. Etwa 30 Menschen folgten dem Aufruf und zeigten sich am Prozesstag solidarisch mit dem Angeklagten.
Die für diesen Tag angesetzte Verhandlung musste jedoch wider Erwarten vertagt werden. Der Verteidigung sind elementare Verfahrensakten, die vor allem Fotos und Videoaufzeichnungen enthielten, nicht zur Verfügung gestellt worden. Zudem wurden keine Zeug:innen benannt, diese sind aber am Verhandlungstag geladen worden. Der beantragten Aussetzung des Verfahrens musste das Gericht im Anschluss nach kurzer Diskussion nachkommen. Mit diesem Vorgehen zeigt die Staatsanwaltschaft, dass bei ihr kein Interesse an einer fairen Prozessführung besteht: Sämtliches Beweismaterial, das Staatsanwaltschaft und Polizei vorliegen, muss auch dem Beschuldigten bzw. seiner Verteidigung zugänglich sein.
Doch nicht nur das: Die bisher von der Verteidigung eingesehenen Videos und Akten belegen, was schon vermutet wurde: Obwohl die Polizei am Tag der Demonstration am 26.06. mehrfach ankündigte, keine Videoaufnahmen zu tätigen, ist durch die bisher bereitgestellten Akten bereits ersichtlich, dass die Polizei die Demonstration akribisch mit Nahaufnahmen und aus verschiedensten Winkeln aufgezeichnet hat; und das obwohl von Pyrotechnik oder sonstigen strafrechtlich relevanten Sachverhalten keine Spur war.
Als Bündnis werden wir das Verfahren weiter begleiten. Dabei geht es nicht nur um den einzelnen Fall des Angeklagten, sondern auch darum, wie es zu der Situation in der Tiefgarage kam. „Hätte die Polizei die Demonstration nicht ohne rechtliche Grundlage angegriffen, würde der Angeklagte heute sicher nicht vor Gericht stehen“, so die verteidigende Anwältin Anna Busl. Gegen die bei der Festnahme involvierten Polizeibeamt:innenen wurde zudem Anzeige erstattet. „Eine derartige Form der Polizeigewalt sollte in einem Rechtsstaat nicht einfach so hingenommen werden“, so Busl weiter.
Ob vor Gericht oder auf den Straßen- wir werden weiter gegen die Kriminalisierung unseres Protests und die Einschränkung unserer Grundrechte kämpfen. Protest gegen das undemokratische Versammlungsgesetz NRW ist legitim und kein Verbrechen!
Bündnis kritisiert Ablehnung eines Versammlungsleiters durch die Polizei Wuppertal
+++Polizei Wuppertal will Versammlungsleiter einer Demonstration gegen Polizeigewalt ablehnen
+++Bündnis kritisiert unverhältnismäßigen Eingriff in die Versammlungsfreiheit durch neues Versammlungsgesetz
Am 07.01.2022 ist das äußert repressive Versammlungsgesetz NRW in Kraft getreten. Kritiker:innen hatten während des Gesetzgebungsprozess gewarnt, das Gesetz greife massiv in das Selbstbestimmungsrecht von Demonstrationen ein und könne Bürger:innen von der Wahrnehmung ihrer Versammlungsfreiheit abschrecken. Nur wenige Tage nach dem Inkrafttreten des freiheitsfeindlichen Gesetzes zeigen sich dessen katastrophale Auswirkungen.
§ 12 Abs. 1 VersG NRW erlaubt der Polizei, eine Person als Versammlungsleitung abzulehnen, wenn sie davon ausgeht, dass durch diese Person die öffentliche Sicherheit gefährdet wird. Das Polizeipräsidium Wuppertal versucht damit nun, einen offenbar nicht genehmen Anmelder des „Forums gegen Polizeigewalt und Repression“ als Versammlungsleiter loszuwerden. Mit Schreiben vom 13.01. teilte das Polizeipräsidium dem Anmelder mit, ihn für eine am 29.01. in Wuppertal geplante Demonstration als Leiter ablehnen zu wollen. Die Demonstration soll unter anderem an den kürzlich unter ungeklärten Umständen in Polizeigewahrsam verstorbenen Georgios Zantiotis erinnern.
„Die Aktion zeigt, dass das Gesetz ein Versammlungsverhinderungsgesetz ist“, erklärt Bündnissprecherin Gizem Koçkaya. „Kaum ist das Gesetz in Kraft, bedient sich die Polizei der neuen Instrumente, um unbequemen Demonstrationen das Leben schwer zu machen. Es zeigt sich einmal mehr, dass auch die Polizei ein politischer Akteur und keine neutrale Behörde ist!“
Bündnissprecherin Lola Münch ergänzt: „Die im Grundgesetz garantierte Versammlungsfreiheit schützt das Selbstbestimmungsrecht einer jeden Versammlung. Dazu gehört auch das Recht, die Leitung der eigenen Versammlung zu bestimmen. Darin wird massiv eingegriffen, wenn die Polizei einen Versammlungsleiter ablehnt. Zur Begründung werden polizeiliche Ermittlungen zu Straftatvorwürfen genannt, ohne dass diese zu rechtskräftigen Verurteilungen geführt haben. Die Unschuldsvermutung und die Versammlungsfreiheit dürfen nicht durch willkürliche Polizeimaßnahmen ausgehebelt werden! Wir solidarisieren uns mit dem Forum gegen Polizeigewalt und Repression und rufen dazu auf, am 29.01. zur Demonstration in Wuppertal zu kommen.“
Erster Prozess gegen einen Teilnehmer der Großdemonstration gegen das Versammlungsgesetz NRW vor dem Düsseldorfer Amtsgericht
+++ Erster Prozess gegen einen Teilnehmer der Großdemonstration gegen das Versammlungsgesetz NRW vor dem Düsseldorfer Amtsgericht
+++ Angeklagter wurde in einer Tiefgarage von der Polizei drangsaliert
Gegen das das mittlerweile verabschiedete Versammlungsgesetz NRW protestierten am 26.06.2021 in Düsseldorf etwa 10.000 Menschen aus allen Schichten der Bevölkerung. Dabei kam es zu erschreckenden Szenen von Polizeigewalt, die Empörung auslösten. Am Mittwoch beginnt der Gerichtsprozess gegen einen Aktivisten, dessen Festnahme von anwesenden Journalist:innen gefilmt und das gewaltsame Handeln der Polizei dokumentiert wurde. Es ist zu vermuten, dass die Staatsanwaltschaft mit dieser Anklage und im weiteren Verlauf mit der Verhandlung ein Exempel statuieren will. Der Vorwurf der Staatsanwaltschaft lautet tätlicher Angriff auf und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte.
Der Aktivist, der gerade die Demonstration verließ, wurde ohne unmittelbaren Anlass und ohne dass ihm der Grund für die Festnahme genannt wurde von mehreren Polizist:innen aus einer friedlichen Gruppe von Menschen heraus gezogen und in ein Parkhaus gedrängt. Dort wurde er, wie auf dem Video zu sehen ist, mit brutaler Gewalt auf dem Boden fixiert. Seine starken Schmerzen sind deutlich erkennbar. Sanitäter:innen, Presse und einer Rechtsanwältin wurde der Zugang verwehrt.
„Diese äußerst brutale Festnahme ist skandalös! Wir rufen auf zur kritischen Prozessbeobachtung und zu einer Kundgebung parallel zu der Verhandlung. Zeigen wir unsere Solidarität, denn die ist stärker als die Repression, die wir erfahren“, erklärt Bündnissprecherin Gizem Koçkaya. Die Verhandlung wird am 19.01.2022 um 9:30 Uhr im Amtsgericht Düsseldorf stattfinden.
Kundgebung zum Prozess gegen einen Demonstranten
Kommt zur Kundgebung in Solidarität mit dem Angeklagten!
Am 19.01. beginnt der erste Prozess wegen der Großdemonstration gegen das Versammlungsgesetz NRW am 26. Juni 2021.
Die Polizei ging an diesem Tag brutal gegen die tausenden Demonstranten:innen vor, stoppte den Demozug nach kurzer Zeit, kesselte hunderte Antifaschist:innen, schloss sie von der Versammlung aus und nahm zahlreiche weitere Menschen fest. Eine besonders brutale Festnahme ereignete sich dabei am Rande der Demonstration: Ein Demonstrant wurde durch massive Polizeigewalt in eine Tiefgarage gezogen, um dort von der Polizei unter Ausschluss der Öffentlichkeit festgenommen zu werden. Der Vorfall wurde auf Video aufgezeichnet, in den sozialen Medien trat das Video eine Welle der Empörung über das Vorgehen der Polizei los.
Nicht die Polizei, sondern der Demonstrant steht nun vor Gericht und wird angeklagt, das findet wir skandalös.
In Solidarität mit dem Angeklagten findet deshalb am 19.01. um 8:15 Uhr, vor Beginn der Gerichtsverhandlung, eine Kundgebung statt. Zeigen wir unsere Solidarität und dass unser Widerstand gegen das Versammlungsgesetz NRW nicht gebrochen werden kann.
Kommt zur Kundgebung am 19.01. um 8:15 Uhr vor dem Amtsgericht Düsseldorf (Werdener Straße 1, 40227 Düsseldorf).
#VersGNRWstoppen
#NoVersGNRW
Das neue Versammlungsgesetz NRW darf in dieser Form nicht bestehen bleiben
+++ Das neue Versammlungsgesetz NRW darf in dieser Form nicht bestehen bleiben
+++ CDU und FDP werden die Geister, die sie riefen, nicht mehr loswerden
Nachdem heute mit der hauchdünnen Mehrheit von einer Stimme CDU und FDP das Versammlungsgesetz NRW – gegen den Widerstand der demokratischen Oppositionsparteien und eines gesellschaftlich sehr breit aufgestellten Bündnisses – durch“gejagt“ haben, kündigt das Bündnis „Versammlungsgesetz NRW stoppen – Grundrechte erhalten!“ mit allen demokratischen Mitteln Widerstand gegen dieses Gesetz an. Das Bündnis wird es nicht hinnehmen, dass NRW das autoritärste und undemokratischste Versammlungsgesetz in der Bundesrepublik Deutschland hat.
„Die Geister, die CDU und FDP riefen, werden sie nicht wieder loswerden. Insbesondere können sich die beiden Parteien schon jetzt darauf einstellen, dass wir besonders im Wahlkampf dieses Gesetz immer wieder zum Thema Nummer Eins machen. Dass CDU und FDP noch schnell vor Weihnachten das Gesetz durch das Parlament gepeitscht haben, lässt erahnen, wie wenig erfreut sie über die damit heraufbeschworene breite Protestbewegung waren. Doch gerade mit diesem Verfahren hat die Regierung ein weiteres Beispiel für ihr zweifelhaftes Demokratieverständnis geboten, mit dem sie sich auch im Wahlkampf konfrontiert sehen wird.“, erklärt Gizem Koçkaya.
Neben öffentlichkeitswirksamen Aktionen will das Bündnis auch zu juristischen Mitteln gegen das Versammlungsgesetz greifen. So erscheint eine Verfassungsbeschwerde aussichtsreich, da Vieles im Gesetz aus Sicht des Bündnisses verfassungswidrig ist und oder der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts widerspricht. Daran haben auch die von CDU und FDP vorgenommenen Änderungen nichts geändert, da dies allenfalls kosmetische Korrekturen sind.
„Bereits Anfang des Jahres 2022 werden wir einen Aktionsplan ausarbeiten und den dann gezielt umsetzen, damit deutlich wird, welches undemokratische Gesetz in NRW vorherrscht. Demonstrationen und Versammlungen werden als Gefahr angesehen und nicht polizeikonformes Verhalten wird unter Strafe gestellt. Welchen Nährboden CDU und FDP da für rechte Parteien bereitet haben, ist ihnen wohl nicht bewusst. Eine Verschiebung des konservativen Spektrums im Parteiensystem nach rechts droht aber nicht zuletzt auch in den Parlamenten und auf den Straßen“, so Gizem Koçkaya weiter.
Morgen Abstimmung im Landtag
+++ Für wen gilt das zukünftige Versammlungsgesetz NRW? – Für Coronaleugner, Schwurbler und gefährliche Neonazis anscheinend nicht!
+++ Das Bündnis „Versammlungsgesetz NRW stoppen – Grundrechte erhalten!“ zur morgigen Abstimmung im Landtag über das geplante Versammlungsgesetz:
„Die Landesregierung verabschiedet morgen voraussichtlich das versammlungsfeindlichste Versammlungsgesetz aller Bundesländer und tritt damit das Grundrecht auf Versammlungen mit Füßen. Gerade nach dem vergangenen Wochenende, an dem mehrere tausend Impfgegner und offensichtliche Rechtspopulisten durch Düsseldorf liefen, ist das Gesetz eine Farce.
Wir fragen uns, schützen CDU und FDP absichtlich Nazis und schon längst radikalisierte Querdenker, die sich als bürgerliche Mitte ausgeben? So konnten 2.500 Querdenker, Rechtsextremisten und Coronaleugner am Samstag – ohne Einhaltung der Coronaregeln – demonstrieren und wurden nur von vier Motorradstreifen begleitet. Bei den drei Demos gegen das Versammlungsgesetz-NRW war dagegen ein massives Polizeiaufgebot zugegen und hatte auch keine Mühe die erste Demo in Düsseldorf am 26. Juni 21 zu eskalieren. Und auch gegen Umweltaktivist:innen und soziale Bewegungen geht die Polizei regelmäßig hart vor und versucht sie an der Ausübung ihres demokratischen Rechts zu hindern.
Die neue Bundesinnenministerin Nancy Faeser betonte bei ihrem Amtsantritt, dass Rechtsterrorismus und Rechtsextremismus die höchste Bedrohungslage in der Bundesrepublik sind und sie deren Bekämpfung die höchste Priorität gebe. Gilt das auch für NRW, wo die Landesregierung mit dem Gesetz Antifaschist:innen von Gegenprotesten abhalten will, damit Nazis ungehindert ihre menschenverachtenden Parolen auf die Straße tragen können? Außerdem wird Anmelder:innen und Ordner:innen mit dem neuen Gesetz deutlich erschwert, ihr Recht auf Versammlungen auszuüben. Das beste Beispiel haben wir am Sonntag in Duisburg gesehen. Die Demonstranten von PEGIDA NRW wurden von der Polizei nicht angehalten, die Corona-Auflagen zu erfüllen. Der friedliche Gegenprotest wurde jedoch schikaniert, die Polizei unternahm nichts gegen das Abfilmen der Demonstrierenden durch die Nazis, untersagte wiederum den Antifaschist:innen dieses jedoch.
Herbert Reul, Sie stellen sich mit einem solchen Verhalten klar auf die Seite von Nazis, Rechtsextremen, Impfgegnern und Verfassungsfeinden. Wie passt das dazu, dass Rechtsextreme offen zum Mord am sächsischen Ministerpräsidenten aufrufen? Wo ist hier die vielbeschworene Härte des Gesetzes, die sie bei linken Demonstrationen und auch unserer Großdemo im Juni, reflexartig rausholen? Hier wird eindeutig mit zweierlei Maß gemessen. Und wo bleibt der liberale Aufschrei der NRW-FDP, die sonst keine Gelegenheit auslässt Bürgerrechte angeblich zu verteidigen?“
Auch nach kosmetischen Korrekturen bleibt das Versammlungsgesetz NRW versammlungsfeindlich
+++ Auch nach kosmetischen Korrekturen bleibt das Versammlungsgesetz NRW versammlungsfeindlich
+++ FDP enttäuscht als Bürgerrechtspartei und segelt Reuls Kurs mit
+++ NRW hat „liberale“ Partei in der Regierung, aber bekommt das „illiberalste“ Versammlungsrecht in ganz Deutschland
Das Bündnis „Versammlungsgesetz NRW stoppen – Grundrechte erhalten!“ bezeichnet das geplante Versammlungsgesetz NRW auch nach den am Montag bekannt gegebenen Änderungen weiterhin als versammlungsfeindlich. „Nach wie vor werden Versammlungen offensichtlich als Gefahr angesehen, obwohl sie Grundpfeiler der Demokratie sind“, so Bündnissprecherin Gizem Koçkaya.
Zwar sind nunmehr „nicht auf Behinderung zielende kommunikative Gegenproteste“ und das Tragen ähnlicher Kleidung erlaubt. Insgesamt bleibt der Gesetzentwurf weiterhin in großen Teilen verfassungswidrig oder widerspricht höchstrichterlicher Rechtsprechung.
„Die angebliche Entwarnung im Bezug zum geplanten Versammlungsgesetz vom stellvertretenden Ministerpräsident Joachim Stamp (FDP) anlässlich der Demonstration am 30. Oktober in Köln hat sich als Nebelkerze herausgestellt. NRW hat zwar eine „liberale“ Partei in der Regierung, bekommt aber das „illiberalste“ Versammlungsrecht in ganz Deutschland. Die FDP spricht immer von der Verteidigung der Freiheit, mit diesem Gesetz schränkt sie die für unsere Demokratie so wichtige Versammlungsfreiheit enorm ein“, sagt Gizem Koçkaya. „Auch wenn das Gesetz nun voraussichtlich mit der hauchdünnen Mehrheit von einer Stimme von CDU und FDP beschlossen wird, muss die Regierung damit rechnen, dass wir weiterhin Druck machen und zusätzlich alle juristischen Schritte dagegen ausschöpfen werden.“
An den hochproblematischen Befugnissen zur Videoüberwachung von Versammlungen ändert sich fast nichts. Der Änderungsantrag stellt sogar klar, dass Drohnen eingesetzt werden dürfen, wenn die Versammlungsteilnehmenden darauf hingewiesen werden. Weil die Videobeobachtung schon bei „Unübersichtlichkeit“ von Versammlungen zulässig sein soll, geht das Bündnis davon aus, dass jede größere Demo in Zukunft gefilmt wird. Nur in den seltenen Fällen einer Versammlung in geschlossenen Räumen soll die Befugnis zu Übersichtsaufnahmen ausgeschlossen sein. Auch das heimliche Filmen, sogenannte „verdeckte Aufnahmen“, sollen weiter möglich sein. „Zudem dürfen die Aufnahmen für bis zu ein Jahr gespeichert und für verschiedene Zwecke genutzt werden. Völlig ohne Zeitbegrenzung scheint zudem die Speicherung der Erkenntnisse über Ordner:innen zu sein“, moniert das Bündnis.
Auch die abschreckenden Kontrollstellen soll es weiterhin geben. Zwar werden die Voraussetzungen konkretisiert (tatsächliche Anhaltspunkte für das Mitführen von Waffen und anderen verbotenen Gegenständen) und eine Identitätsfeststellung soll erst nach dem Auffinden entsprechender Gegenstände erfolgen. Das Polizeigesetz bleibt aber trotzdem anwendbar. Auch knüpft die Suche nach verbotenen Gegenständen an das Vermummungs-, Schutzausrüstungs- und Militanzverbot an. Die Polizei hätte also einen viel zu großen Spielraum, was sie als „Vermummung“, „Schutzausrüstung“ oder „uniformähnliches Kleidungsstück“ wertet.
Ebenso wird die Anmeldung von Demonstrationen weiterhin erschwert, auch wenn sich die Anmeldefrist formal nicht verlängert. Die Versammlungsleitung wird stärker zur Kooperation mit der Polizei gedrängt und muss auf Verlangen der Polizei die Daten der Ordner:innen aushändigen. Damit wird es schwieriger, Menschen zu finden, die diese wichtigen Aufgaben übernehmen. Der Versammlungsleiter kann auch weiterhin nur mit Zustimmung der Polizei Teilnehmer:innen von der Demo ausschließen.
„Die FDP hat es nun Innenminister Reul ermöglicht, dass seinem gesteigerten Interesse an Bestrafung von Demonstrationsteilnehmenden Genüge getan wird und diese zum Teil mit drastischen Geldbußen belegt werden können. Beispielsweise werden Blockaden und Blockadetrainings generell unter Strafe gestellt. Dies, obwohl es zu letzteren bereits seit 2011 ein Urteil des OVG-NRW gibt. Danach sind Blockadetraining keine Vorbereitung einer Straftat. In Zukunft wird damit jede Form von Blockierungen strafbar, obwohl z. B. Sitzblockaden Versammlungen nach Artikel 8 des Grundgesetzes sind. Die FDP ignoriert hier Grundrechte, die ausdrücklich durch das Bundesverfassungsgericht bestätigt wurden. Als angebliche Bürgerechtpartei ist das ein Armutszeugnis“, kritisiert Bündnissprecherin Lola Münch.
Kundgebung am Landtag gegen das geplante Versammlungsgesetz NRW – Gerhart Baum und Agnes Strack-Zimmermann um Unterstützung gebeten
+++ Kundgebung am Landtag gegen das geplante Versammlungsgesetz NRW (8. Dezember)
+++ In mehreren Städten in NRW gab es am Samstag Demonstrationen und Kundgebungen gegen das Gesetzesvorhaben
+++ Bündnis bittet Gerhart Baum und Agnes Strack-Zimmermann um Unterstützung
Das Bündnis „Versammlungsgesetz NRW stoppen – Grundrechte erhalten“ will am Mittwoch (8. Dezember) während der Sitzung des nordrhein-westfälischen Innenausschusses eine Kundgebung gegen das geplante Versammlungsgesetz vor dem Landtag abhalten. Dort soll vermutlich das geplante Gesetzesvorhaben abschließend beraten werden und eine Woche später im Landtag verabschiedet werden. Die von Seiten der FDP angekündigten Änderungen liegen bislang als Änderungsantrag nicht vor. Bereits am Samstag, dem 4. Dezember, gab es im Rahmen eines landesweiten Aktionstages Demonstrationen oder Kundgebungen gegen das geplante Gesetz. Derweil hatte das Bündnis den ehemaligen Bundesinnenminister Gerhart Baum und die Düsseldorfer Bundestagsabgeordnete Agnes Strack-Zimmermann (beide FDP) um Unterstützung gebeten, damit das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit erhalten bleibt.
Bereits vergangene Woche hatten zahlreiche Teilnehmer:innen des Bündnisses einen Musterbrief (1) genutzt, um die jeweiligen Abgeordneten der FDP-NRW ihres Wahlkreises anzuschreiben. Darin wurde die FDP an ihre Betonung der Bürger- und Freiheitsrechte erinnert. Außerdem wurde appelliert, dass das Gesetzesvorhaben nicht so hastig vor Weihnachten verabschiedet werden kann. Vielmehr sollte vorher ein breiter Bürger:innen-Dialog zugelassen werden. Alles andere sei intransparent. Bisher hat jedoch nur Marcus Heidrich, FDP-Fraktionsgeschäftsführer, geantwortet. Darin hatte er angekündigt, dass für die FDP bereits bei Einbringung des Gesetzesentwurfs feststand, dass der Gesetzentwurf wegen der Abschreckungswirkung für die Teilnahme an Demonstrationen so nicht verabschiedet werden dürfe. So sehe die FDP pauschale, anlasslose Kontrollstellen zur Identitätsfeststellung äußerst kritisch. „Der fälschliche Eindruck, die Reform ziele darauf ab, Versammlungsteilnehmer im Vorfeld von staatlicher Seite registrieren zu lassen“, sei nicht Zielsetzung der FDP-Fraktion. „Auch die Vorgaben beim vorgesehenen Störungsverbot gehen aus unserer Sicht zu weit. Verhältnismäßigkeit gilt es ebenso hinsichtlich der Befugnisse der Polizei zu wahren: Weitreichende Befugnisse zur Bild- und Tonaufzeichnung z.B. in geschlossenen Räumen, sehen wir kritisch. Selbiges gilt für die Regelung zum Militanzverbot. Der zu weitreichende Regelungsansatz ist aus unserer Sicht nicht zielführend“, so Heidrich in seinem Antwortschreiben.
Dazu Bündnissprecherin Gizem Koçkaya: „Wir stellen fest, dass außer Ankündigungen der FDP bisher noch nichts passiert ist. Anscheinend soll das Versammlungsgesetz noch schnell vor Weihnachten verabschiedet werden, um es aus dem bevorstehenden Wahlkampf herauszuhalten. Die Regierungsparteien haben wohl Angst vor schlechter öffentlicher Stimmung im Wahlkampf. Wir kündigen bereits schon jetzt an: Sollte das Gesetz tatsächlich ohne einen breiten öffentlichen Diskurs verabschiedet werden, werden wir dieses Gesetz nicht aus dem Wahlkampf heraushalten und den Druck erhöhen.“
(1) Musterschreiben an die FDP
(2) Antwortschreiben des FDP-Fraktionsgeschäftsführers Marcus Heidrich