Pressemitteilung: Klage eingereicht – Bündnis „Versammlungsgesetz NRW stoppen – Grundrechte erhalten!“ will Rechtswidrigkeit der Polizeieskalation feststellen lassen

Das Bündnis „Versammlungsgesetz NRW stoppen – Grundrechte erhalten!“ hat heute morgen am Verwaltungsgericht Düsseldorf Klage gegen das Land Nordrhein-Westfalen wegen des unverhältnismäßigen Polizeieinsatzes am 26. Juni 2021 eingereicht. Die Klage führen die Co-Anmelder und Versammlungsleiter Martin Behrsing und Mischa Aschmoneit sowie Bündnissprecherin Gizem Koçkaya und der Grefrather Ratsherr Marcus Lamprecht, denen durch die Kesselung die Freiheit entzogen wurde. „Pressemitteilung: Klage eingereicht – Bündnis „Versammlungsgesetz NRW stoppen – Grundrechte erhalten!“ will Rechtswidrigkeit der Polizeieskalation feststellen lassen“ weiterlesen

NRW-weiter Aktionstag 17.07.

Organisiert zum dezentralen Aktionstag am 17. Juli Kundgebungen, Demonstrationen, Infoveranstaltungen, Flashmobs oder Straßentheater gegen das geplante Versammlungsverhinderungsgesetz! Weitere Aktionsideen findet ihr hier. Schickt uns 48 Stunden nach der Anmeldung die Details (gerne auch Twitter-, Facebook- und Instagram-Link). Wir setzen eure Aktionen dann auf unsere Homepage und machen Werbung dafür!

Alle Termine gibt es hier.

Klage gegen Düsseldorfer Polizeikessel eingereicht

Pressemitteilung von Anti-Atomkraft-Initiativen aus dem Münsterland:

Aktionsbündnis Münsterland gegen Atomanlagen
BI „Kein Atommüll in Ahaus“
Arbeitskreis Umwelt Gronau
SOFA (Sofortiger Atomausstieg) Münster
Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU)

Klage gegen Düsseldorfer Polizeikessel eingereicht:

2 Münsterländer Atomkraftgegner:innen vor Verw.-Gericht Düsseldorf
„Stundenlange Einkesselung war rechtswidrige Freiheitsberaubung“

Der harte Polizeieinsatz während der Demonstration gegen das geplante NRW-Versammlungsgesetz am 26. Juni in der Düsseldorfer Innenstadt hat ein juristisches Nachspiel: Zwei Münsterländer Atomkraftgegner:innen haben jetzt vor dem Düsseldorfer Verwaltungsgericht Klage gegen ihre stundenlange Einkesselung sowie den Ausschluss aus der Versammlung durch die Polizei eingereicht. Sie sehen in der ungerechtfertigten und vielfach kritisierten Polizeimaßnahme eine rechtswidrige Freiheitsberaubung. Die beiden Betroffenen werden vom Münsteraner Fachanwalt Wilhelm Achelpöhler vertreten.

Nach Aussage von NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) vor dem Düsseldorfer Landtag wurden am 26. Juni gegen 18 Uhr insgesamt 328 Personen von der Polizei unter Einsatz von Schlagstöcken und Reizgas „eingeschlossen“, darunter 38 Minderjährige. Im Kessel mussten die DemonstrantInnen, darunter die beiden Klageführenden, mehrere Stunden ausharren, ohne dass die Polizei für die grundlegendsten sanitären Vorkehrungen sorgte. Ein konkreter Grund für die Einkesselung war nicht ersichtlich. Es war nicht einmal erkennbar, dass es zu diesem Zeitpunkt zu einem Polizeikessel kommen würde. Eine polizeiliche Auflösung der Versammlung hatte zuvor nicht stattgefunden.

„Zu der betreffenden Uhrzeit hatten sich die ursprünglichen Demo-Blöcke durch die Vielzahl der Polizeieinsätze gegen die Demonstration und gegen anwesende JournalistInnen längst vermischt. Die Polizei kesselte dann völlig undifferenziert und ohne konkrete Ankündigung willkürlich mehr als 300 Personen aus unterschiedlichsten Zusammenhängen ein, die dadurch mehrere Stunden lang festgesetzt wurden. Die Zustände im Kessel waren erschreckend unwürdig. Von daher gehen wir davon aus, dass das Verwaltungsgericht den Polizeikessel als rechtswidrig einstufen wird. Wir erklären uns mit den Betroffenen solidarisch und unterstützen sie juristisch,“ so Peter Bastian vom Aktionsbündnis Münsterland gegen Atomanlagen.

„Die Rechtfertigungsversuche von Innenminister Reul im Landtag wirkten wenig glaubwürdig. Was genau die eingekesselten Menschen konkret mit den Vorwürfen gegenüber einigen DemonstrantInnen zu tun haben sollen, blieb bislang unbeantwortet. Stattdessen haben Polizei und Landesregierung gezeigt, welche Macht zur Auflösung einer Demonstration sie gerne hätten. Von daher bleiben wir dabei, dass der Innenminister den verfassungswidrigen Entwurf für ein neues, scharfes Versammlungsgesetz zurückziehen muss – und dann die politische Verantwortung für den überzogenen Polizeieinsatz übernehmen und zurücktreten sollte,“ ergänzte Matthias Eickhoff von der Initiative SOFA (Sofortiger Atomausstieg) Münster.

Die Anti-Atomkraft-Initiativen aus dem Münsterland kündigen an, sich weiter an den Protesten gegen das geplante NRW-Versammlungsgesetz zu beteiligen. Die Initiativen erinnern daran, dass die schwarz-gelbe Landesregierung schon mehrfach Probleme mit der Ausübung der grundgesetzlich geschützten Versammlungsfreiheit hatte. So kritisierten Mitglieder der NRW-Landesregierung 2019 mehrfach die AktivistInnen von Fridays for Future für ihre Proteste während der Schulzeit. 2020 versuchte die Landesregierung die Versammlungsfreiheit während der Corona-Pandemie per Verordnung gleich ganz auszuhebeln. Und auch jetzt wieder kritisierten der Innenminister und der Ministerpräsident Jugendliche dafür, dass sie an der Demo gegen das geplante Versammlungsgesetz teilgenommen haben. Zudem waren JournalistInnen bei der Demo von der Polizei angegangen worden. Offensichtlich möchte die Landesregierung breite gesellschaftliche Kritik an der eigenen Politik gerne unterbinden. Das sehen die Anti-Atomkraft-Initiativen als alarmierend.

Pressemitteilung / Einladung zur Kundgebung vor dem Landtag am 01.07.2021

+++ Kundgebung für Versammlungsfreiheit vor dem Landtag in Düsseldorf
+++ Versammlungsfreiheit und Pressefreiheit sind als Grundrechte gleichermaßen zu schützen

 

Das Bündnis „Versammlungsgesetz NRW stoppen – Grundrechte erhalten!“ wird am Donnerstag, den 1. Juli 2021 ab 11 Uhr eine Kundgebung vor dem nordrhein-westfälischen Landtag in Düsseldorf abhalten. Das Bündnis zeigt Präsenz anlässlich der von SPD und Grünen einberufenen Aktuellen Stunde zur Aufarbeitung des eskalativen Polizeieinsatzes gegen die Großdemonstration gegen das geplante schwarz-gelbe Versammlungsgesetz vom Samstag, 26. Juni 2021. Wir laden alle Pressevertreter:innen herzlich ein, die Kundgebung zu begleiten.

Das Bündnis „Versammlungsgesetz NRW stoppen – Grundrechte erhalten!“ erneuert die Forderung nach einem Rücktritt von Innenminister Reul und nach der Beerdigung des autoritären und repressiven Gesetzentwurfs. Das von CDU und FDP geplante Versammlungsgesetz wird auch mit den mittlerweile angekündigten geringfügigen Änderungen die Versammlungsfreiheit nachhaltig beschädigen.

Bündnissprecherin Gizem Koçkaya erklärt: „Wir begrüßen, dass sich das Parlament mit den Übergriffen durch die Polizei auf Demonstrant:innen und Pressevertreter:innen beschäftigt und Aufklärung von Innenminister Reul einfordert. Gleichzeitig befürchten wir, dass der Innenminister bei der Aufarbeitung des eskalierten Polizeieinsatzes ebenso abwiegeln wird, wie bei der Kritik an seinem Gesetzentwurf. Wir versammeln uns heute vor dem Landtag, um den Eingekesselten und Verprügelten, aber auch dem Grundrecht auf Versammlungsfreiheit ein Gesicht zu geben. Pressefreiheit und Versammlungsfreiheit sind gleichermaßen zu schützende Grundrechte – bei beidem hat die Polizei NRW am Samstag versagt.“

Michèle Winkler, ebenfalls Bündnissprecherin, ergänzt: „Herr Reul hat Unrecht, wenn er Kritiker:innen Unwissenheit vorwirft. Wie kennen nicht nur jede Zeile seines Gesetzentwurfs, wir kennen auch die Verfassungsrechtsprechung der letzten Jahrzehnte. Der Entwurf macht deutlich, dass mit dieser freiheitlichen Rechtsprechung in NRW gebrochen werden soll. Das ist keine Modernisierung des Versammlungsrechts, sondern ein Rückfall in die 50er-Jahre. Herr Reul sollte das Gesetz zurückziehen und sich darauf konzentrieren, seine Polizei im geltenden Verfassungsrecht zu schulen.“

Einladung zur Kundgebung

Donnerstag, 11 Uhr – Sammelphase ab 10 Uhr

auf der Wiese vor dem Landtag NRW in Düsseldorf

Fotos von der Demonstration am 26. Juni 2021 finden Sie auf: https://www.flickr.com/gp/193305110@N04/86M641

Hintergrundseite zur Kritik am Gesetzentwurf: https://www.nrw-versammlungsgesetz-stoppen.de/hintergrund/

EA-Bericht vom 26.06.2021

Bericht des Ermittlungsausschusses (EA) zur Demonstration am 26.06.2021

  • Die erste Personalienfeststellung wurde um 12:30 Uhr beim EA gemeldet.
  • Die letzte Person wurde gegen 3:30 Uhr aus der Gefangenensammelstelle am Jürgensplatz entlassen.
  • Laut Demosanis wurden ca. 100 Personen, die mit uns auf der Straße waren, von Reizgas verletzt, Rettungswagen mussten 8 mal gerufen werden.
  • Der EA hat 14 Personen registriert, die im Laufe des Tages in die Gefangenensammelstelle am Jürgensplatz verbracht wurden.
  • Der Antifa-Block wurde fast 6 Stunden lang gekesselt. Anwält:innen wurden nicht durch die Polizeiabsperrungen zu ihren Mandant:innen gelassen. Der Zugang zu Toiletten wurde den Betroffenen verwehrt, die Versorgung mit Wasser erfolgte erst spät nach großem Druck. Gegen 20:00 Uhr konnten die ersten Leute nach einer Identitätsfeststellung den Kessel verlassen, erst gegen 23:30 Uhr die letzten. Von den über 300 Personen in diesem Kessel meldeten sich 56 nach der Freilassung, allen wurde der Vorwurf des Landfriedensbruchs und ein Platzverweis erteilt
  • Unter den Festgesetzten befanden sich ca. 30 Personen unter 18 Jahren, darunter auch viele aus dem Jugendblock, die sich angesichts der Repression solidarisch mit dem Antifa-Block gezeigt hatten. Den Minderjährigen wurden von der Polizei damit gedroht, sie dem Jugendamt zu übergeben, wenn ihre Eltern sie nicht abholen können.
  • Seit 17:00 Uhr stand das Telefon bis tief in die Nacht hinein nicht mehr still, wir verzeichneten über 300 Anrufe, darunter viele Jugendliche, die ihre Bezugsgruppen nach dem Polzeieinsatz verloren hatten oder von der Polizei festgesetzt worden waren. Ein 14 jähriger musste nach dem Einsatz im Krankenhaus behandelt werden. Wir bitten um Verständnis, das wir deswegen nicht immer sofort erreichbar waren, weil die Leitung belegt war.
  • Die große Bereitschaft, sich umeinander zu kümmern und sich nicht allein zu lassen war großartig. Wir als EA waren beeindruckt von der großen Solidarität untereinander. Hunderte haben stundenlang ausgeharrt, um die Gekesselten nicht allein zurückzulassen. Selbst um 3.00 Uhr morgens standen noch Leute vor dem Polizeipräsidium, um entlassene in Empfang zu nehmen. Wir bedanken uns auch bei den fantastischen Anwält:innen für ihr Engagement!

Überall Polizei….Keine:r bleibt allein

Die Rechtshilfegruppe Düsseldorf informiert:

Auf der Demo gegen das neue Versammlungsgesetz gab es viele Personalienfeststellungen, Platzverweise und auch Ingewahrsamnahmen.

Was passiert jetzt?

Es kann sein, dass Ihr in den nächsten Wochen oder Monaten Post von der Polizei erhaltet. Möglicherweise bekommt Ihr eine Vorladung zur Polizei, die Euch zum Sachverhalt befragen möchte. Die Rechtshilfegruppe rät allen, nicht zu einer polizeilichen Vorladung zu gehen, sondern stattdessen sofort mit uns Kontakt aufzunehmen. Wir gucken dann gemeinsam, in Rücksprache mit Anwält:innen, was zu tun ist. Sollte es zu Verfahren kommen, begleiten wir Euch, reden mit Euch zusammen mit den Anwält:innen und sorgen gemeinsam dafür, dass niemand alleine auf den Kosten sitzenbleibt

Ihr seid unsicher, wisst nicht, was die Dinge, die Euch vorgeworfen werden bedeuten, fragt Euch, was Ihr jetzt machen könnt, habt Sorge vor Strafen oder Gerichtsverfahren?

Wir werden in den nächsten Wochen zu einem offenen Treffen einladen, um Eure Fragen zu zu beantworten – achtet auf Posts. Wenn Ihr jetzt schon Fragen habt oder wenn Ihr Post bekommt, könnt Ihr Euch an die Rechtshilfegruppe ( rhg-duesseldorf@riseup.net) oder die örtlichen Rechtshilfe und Rote Hilfe-Strukturen wenden.

Uns kriegt man nicht kaputt! Niemand ist allein. Wir sehen uns auf der Straße,  bis zum nächsten Mal!

Pressemitteilung zur Polizeigewalt am 26.06.2021

+++ Unverhältnismäßige Polizeigewalt auf Großdemonstration in Düsseldorf
+++ Hunderte Menschen werden stundenlang grundlos in Innenstadt gekesselt
+++ Polizei demonstriert Machtmissbrauch bereits vor Erhalt des Machtzuwachses

26.06.2021 – Unsere ruhige, bunte Demonstration in Düsseldorf mit 8.000 Teilnehmer:innen wurde gewaltsam auseinander getrieben und mit übermäßigen Repressionen den ganzen Tag begleitet. Die Polizei in Düsseldorf hält seit Stunden Menschen im Kessel in der Düsseldorfer Innenstadt fest, lange Zeit ohne Wasser bei bis zu 30 Grad und ohne Zugang zu einer Toilette. Grund der Maßnahme sei die Vermummung einzelner Demonstrationsblöcke durch das Tragen von medizinischen Masken und das zu hohe Tragen von Transparenten. Auf Basis dieser Vorwürfe werden Grundrechte massiv eingeschränkt und der Rechtsstaat ausgehöhlt. Und die Polizei geht noch weiter: im gesamten Stadtgebiet finden unverhältnismäßig gewaltvolle Festnahmen statt, wobei den Betroffenen der Zugang zu Anwält:innen und Sanitäter:innen verweigert wurde trotz massiven Verletzungen. Rund 100 Teilnehmer:innen wurden durch die massiven Maßnahmen der Polizei verletzt. Zudem wird bereits seit Beginn der Demonstration überall gefilmt, auch ein polizeilicher Hubschrauber war im Einsatz.

„Heute hat die Polizei bereits deutlich ihre Macht demonstriert. Wir müssen Sorge vor dem zukünftigen Missbrauch dieser Macht haben, wenn das Versammlungsgesetz der Landesregierung in NRW beschlossen wird. Damit entsteht ein Machtzuwachs, dessen Ausmaß wir uns nicht ausmalen wollen.“, so Lola Münch, Sprecherin des Bündnisses „Versammlungsgesetz NRW stoppen! Grundrechte erhalten!“

Bündnis „Versammlungsgesetz NRW stoppen – Grundrechte erhalten“

Pressekontakt:

Mobil: 0157 3666 4599
Email: presse@nrw-versammlungsgesetz-stoppen.de

Alle Informationen unter: www.nrw-versammlungsgesetz-stoppen.de

Pressemitteilung zur Demonstration am 26.06.2021

+++ Großdemonstration in Düsseldorf: Tausende kommen für den Schutz der Versammlungsfreiheit in NRW zusammen

+++ Gewerkschafter:innen, Antifaschist:innen, Klimaaktivist:innen und Fußballfans demonstrieren gemeinsam gegen das geplante Versammlungsgesetz der schwarz-gelben Landesregierung

+++ Polizei reagiert mit unverhältnismäßiger Härte

26. Juni 2021 – Heute Mittag haben sich in Düsseldorf nach ersten Schätzungen rund 8.000 Menschen versammelt, um gegen das geplante Versammlungsgesetz der schwarz-gelben Landesregierung in NRW zu demonstrieren. Mit vielfältigem und lautstarkem Protest ziehen sie zurzeit von den Rheinwiesen durch die Innenstadt bis vor den Landtag Nordrhein-Westfalens. Auffällig ist die gesellschaftliche Breite des Protests: Fußballfans und Datenschützer:innen, Politiker:innen und Klimaaktivist:innen, Antifaschist:innen und Antikapitalist:innen, Gewerkschafter:innen, Jurist:innen und viele mehr gehen gemeinsam auf die Straße, um die Versammlungsfreiheit zu verteidigen:„Wir sind überwältigt, wie viel Zuspruch unsere Kritik an dem geplanten Gesetz heute bekommen hat. Es demonstrieren Menschen aus allen Teilen der Gesellschaft gemeinsam und solidarisch. Wir setzen hier und heute ein starkes Zeichen für die Versammlungsfreiheit und damit für unsere demokratischen Grundrechte“, sagt Gizem Koçkaya, Sprecherin des Bündnisses.

Lola Münch ergänzt: „Unsere Anliegen reichen über die Kritik am Versammlungsgesetz hinaus. Wir wollen mit unserem Protest auch auf die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen hinweisen, in denen dieses Gesetz verabschiedet werden soll: Hunderte Polizist:innen unter Verdacht der Bildung rechtsextremer Netzwerke, staatlich versursachte und unaufgeklärte Todesfälle wie der von Amed Ahmad oder die fortschreitende Klimakrise, mit angefacht durch die Kohleverstromung in NRW. Die Regierungskoalition von Armin Laschet geht keines dieser Probleme konsequent an. Sie kennt nur den Weg des Grundrechteabbaus und des Ausbaus polizeilicher Befugnisse. Damit muss endlich Schluss sein!“

Diese gesellschaftlichen Anliegen spiegeln sich auch im umfangreichen Demoprogramm: Neben der politischen und juristischen Einordnung des Gesetzesentwurfs durch die Rechtsanwältin Anna Busl, kommen Initiativen und Bewegungen zu Wort, die von der eingeschränkten Versammlungsfreiheit betroffen sein werden. Reden von Klimaschützer:innen und Gewerkschafter:innen, Einblicke aus der Fußballfanszene, antirassistische Perspektiven, Kritik an umfangreichen Überwachungsmöglichkeiten sowie eine Rede von Malek Ahmad, Vater des in der JVA Kleve verstorbenen Amed Ahmad, ordnen das Gesetzesvorhaben ein.

Wir verurteilen insbesondere vor dem Hintergrund, dass der Polizei durch das neue Versammlungsgesetz mehr Verfügungsgewalt eingeräumt wird, ihr Verhalten, gewaltsam gegen eine breit aufgestellte, ruhige Demonstration vorzugehen. Unter dem Vorwand der Vermummung durch das Tragen von medizinischen Masken, welches Teil der Auflagen war, und dem Verbinden von Transparenten wurden bis zu 60 Menschen, inklusive Journalist:innen, verletzt. Die Eskalation ging klar von der Polizei aus.

Das Bündnis „Versammlungsgesetz NRW stoppen – Grundrechte erhalten“, dessen Aufruf über 170 Organisationen unterstützen, hatte sich im März 2021 gegründet und eine umfangreiche Protestkampagne in Gang gesetzt. Es bildeten sich Regionalgruppen in den großen Städten NRWs, es wurden dutzende Informationsveranstaltungen durchgeführt und eine Vielzahl an Kundgebungen und Demonstrationen abgehalten. Das Ziel des Bündnisses ist die komplette Verhinderung dieses als autoritär und demokratiefeindlich eingestuften Versammlungsgesetzes.

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Fotos finden Sie im Laufe des Tages auf: https://www.flickr.com/gp/193305110@N04/86M641

 

Bündnis „Versammlungsgesetz NRW stoppen – Grundrechte erhalten“

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Alle Informationen unter: www.nrw-versammlungsgesetz-stoppen.de

Redebeitrag Perspektive von Antifagruppen

Seit vielen Jahren haben wir als Antifaschistische Linke Münster uns zu unzähligen Gelegenheiten gemeinsam mit anderen Antifaschist*innen Nazis in den Weg gestellt, gesetzt oder es zumindest versucht. Dabei waren wir laut und entschlossen, mal bunt, mal im black block unterwegs, mal zahlreich, mal nur eine handvoll Leute. Aber unser Ziel war immer klar: Dort wo Neonazis Auftreten, sind wir ihnen so entschlossen wir können im Weg.

Denn wenn Nazis ungestört durch Straßenzüge und Stadtteile marschieren können, fühlen sie sich stark. Sie sorgen für Angst und Unsicherheit derer, die dort leben, sie bedrohen vor allem die, gegen die sich ihre Menschenverachtung richtet.
Das prominenteste Beispiel für erfolgreiche Blockaden von Naziaufmärschen bleibt wohl Dresden im Jahr 2011. Der bis dato größte Neonazi-Aufmarsch in Europa wurde dort im Februar erfolgreich durch eine Massenblockade verhindert. Auch aus NRW fuhren damals zahllose Busse aus unterschiedlichen Städten nach Dresden, um mit direktem Protest in nächster Nähe deutlich zu machen, dass Nazis kein Meter der Straße ohne Kampf überlassen werden darf. Am Beispiel Dresden hat sich damals gezeigt: Gut vorbereitete und strategisch durchdachte, breit angelegte und friedliche Blockadekonzepte sind ein effektives Instrument gegen Raumnahme und Machtdemonstration von Neonazis.

Genau diese Protestform wird durch das neue Versammlungsgesetz ganz besonders in den Fokus genommen. Das ohnehin schon existente „Störverbot“ wird im Entwurf erheblich verschärft – und zwar in einer Weise, die ganz offensichtlich den effektiven Protest gegen Neonazidemonstrationen und auch die Vorbereitung darauf in Blockadetrainings erheblich erschweren soll. Gleichzeitig behauptet die Landesregierung mit diesem Gesetz in erster Linie “Neonazis die Stirn zu bieten”. Aber ohne Hufeisen geht’s im Innenministerium nicht: Jeder Bezug zur extremen Rechten wird mit einem Nachsatz von den angeblich genauso gefährlichen “Linksextremisten” begleitet.
Gerade in Städten und Dörfern,mit aktiven organisierten Naziszenen, ist es harte Arbeit, diesen konstant Proteste entgegenzusetzen. Den Antifaschist:innen, die mit ihrer Arbeit an solchen Orten tatsächlich Neonazis die Stirn bieten, gebührt unserer Meinung nach Anerkennung und Respekt. Stattdessen bekommen sie mit dem neuen Versammlungsgesetz einen Repressionskatalog vor die Füße geworfen, der ihre Arbeit gegen Naziaktivitäten noch schwerer macht als sie ohnehin oft schon ist. Das passt ins Bild: Antifa-Gruppen übernehmen nicht selten die notwendige Drecksarbeit im Kampf gegen Nazis – und werden dafür am Ende selbst kriminalisiert.

Die schwammigen Formulierungen im Gesetzesentwurf zum „Militanzverbot“ haben das Potenzial, der Willkür in den Reihen der Polizei, aber auch in der juristischen Bewertung, Tür und Tor zu öffnen. Die Hürden, überhaupt eine Versammlung anzumelden, werden erhöht, etwa durch Listen mit den Namen und Adressen vorn Ordner*innen die im Vorfeld abgegeben werden sollen. Wir wollen uns angesichts all der extrem rechten so genannten Einzelfälle bei der Polizei lieber kein Bild davon machen, wo Listen mit Namen und Adressen von Nazi-Gegner*innen am Ende landen.

Es scheint beinahe so, als wolle die Landesregierung möglichst viel dafür tun, damit Nazis in Ruhe demonstrieren können, ohne sich dabei ernsthaftem und spürbarem Widerspruch aussetzen zu müssen. Denn Versammlungen und Protesten gegen ihre Aufmärsche wird pauschal ein kriminelles Framing verpasst. Das schreckt ab und schüchtert ein: Selbst wenn Menschen eine klare Haltung gegen Neonazis und ihr Weltbild haben, werden sie es sich unter solchen Vorzeichen künftig vielleicht zweimal überlegen, ob sie gegen einen Naziaufmarsch durch ihr Viertel auf die Straße gehen. Deswegen ist für uns klar:
Diese autoritäre Verschärfung des Versammlungsgesetzes muss verhindert werden.
Wir werden auch in Zukunft dort sitzen oder stehen, wo Nazis demonstrieren wollen. Für uns gilt weiterhin: Keinen Meter den Nazis!

Redebeitrag Klimagerechtigkeit

„In den letzten Jahren haben wir in linken Kämpfen eine Praxis von direct action und Zivilem Ungehorsam etabliert, Massenaktionen, Besetzungen und Blockaden verschiedenster Art haben unseren kollektiven Ausdruck geprägt und gestärkt.
Der Staat reagiert mit einer Erzählung von einer linksextremen Gefahr und rechtfertigt hiermit die massive Ausweitung von kriminalisierenden Maßnahmen. Die Repression gegen Klimakämpfe,  die das Bestehende radikal in Frage stellen nimmt aktuell neue Dimensionen an – Vor 2 Tagen fiel das Gerichtsurteil gegen eine Aktivistin aus dem Dannenröder Forst – 2 Jahre und 3 Monate Haft für Ella.

Die lächerliche Erzählung von einer linksextremen Instrumentalisierung der Klimabewegung hat Hochkonjunktur. Dabei ist der globale Kampf gegen die Klimakrise ein von Grund auf linksradikaler! Um die Zerstörung von Lebensgrundlagen für das Profitinteresse weniger zu stoppen  und gegen die sozialen Notstände, die durch die Klimakrise verschärft werden, tatsächlich ankämpfen zu können, müssen wir bestehende Machtstrukturen angreifen und die bürgerlich kapitalistische Ordnung überwinden!

Es überrascht uns nicht, dass der Staat uns in unseren emanzipatorischen Bestrebungen ausbremsen will. Das Versammlungsgesetz mit seinem expliziten Bezug auf Ende Gelände ist ein weiterer autoritärer Vorstoß, der unseren legitimen Protest unterbinden soll. Es gibt den sorgenden, gerechten Staat nicht, der die Individuen schützt und ihre Freiheiten garantiert – der Staat sorgt in erster Linie dafür, dass die kapitalistische Produktionsweise aufrechterhalten wird!

Wir dürfen und werden uns von der zunehmenden Repression nicht aufhalten lassen, denn die Verhältnisse so beschissen zu lassen wie sie sind ist schließlich keine Option. Doch sosehr wir uns kämpferisch zeigen – Repressionen machen Angst, der staatliche Zugriff auf die eigene Person verunsichert, wir bleiben verletzlich.
In unserer politischen Praxis werden wir in die Vereinzelung gedrängt. Die physischen Orte und Ereignisse des gemeinsamen Aufbegehrens, an denen die Möglichkeit für ein anderes Leben aufblitzt und Solidarität Form annimmt – Diese Orte und Möglichkeiten werden uns gezielt genommen – ob Protestcamps, Massenaktionen oder solidarische Wohnprojekte.
Um bestehen zu können müssen wir den scheinbaren Widerspruch von Stärke und Fürsorge aufheben! Denn nur in unseren solidarischen Beziehungen miteinander können wir einen radikalen, systemantagonistischen Standpunkt ausformulieren und mit langem Atem fortführen.

Wir kämpfen für eine gerechte Welt im Angesicht der Klimakrise und können uns dabei auf einige stumpfe Wahrheiten verlassen: der Markt regelt es nicht, der Staat regelt es nicht, die Grünen regeln es nicht!
Die Klimabewegung steht an einem Scheideweg: Ins Parlament und green new deal oder eine eigene, radikal-emanzipatorische Praxis aufbauen?
Für uns ist die Antwort klar, denn das VersammlungsGesetz zeigt ein weiteres Mal, wie unser Aufbegehren nach Klimagerechtigkeit für den Staat eine Bedrohung darstellt, die er mit allen Mitteln bekämpft.
Also besinnen wir uns auf den Kampf den wir wirklich führen wollen und die Menschen, die das solidarisch mit uns tun!
Füllen wir den Satz ,,unsere Solidarität gegen ihre Repression“ mit Inhalt! Bilden wir enge Ketten!
Dann ist die nächste Wahrheit, auf die wir uns verlassen können: 5 Finger sind eine Faust & Solidarität ist unsere Waffe!“

Redebeitrag Perspektive der Gewerkschaften

Liebe Kolleginnen und Kollegen,
sehr geehrte Damen und Herren,

der Landesbezirk der Gewerkschaft ver.di lehnt das vorgeschlagene Gesetz zum Versammlungsrecht ab. Für uns als Gewerkschafter*innen haben die grundgesetzlich geschützte Koalitionsfreiheit, die Meinungsfreiheit und die Versammlungsfreiheit einen sehr hohen Stellenwert. Dafür haben unsere Vorfahren unter hohen persönlichen Risiken, wie Geld- und Haftstrafen gekämpft und in diese Zeiten dürfen wir nicht zurückfallen.

Menschen, die ihr Grundrecht auf Versammlungsfreiheit wahrnehmen wollen, sind zu schützen und der vorliegende Gesetzentwurf dient aus unserer Sicht der Einschüchterung und Verhinderung der Versammlungsfreiheit und nicht ihrem Schutz.

Die Durchgriffsrechte der Behörden (bei dem Störungsverbot, der Möglichkeit der Auflösung von Versammlungen, der Aufzeichnung und Aufnahme der Teilnehmenden, der Schaffung von Kontrollstellen, dem Militanzverbot und der Verpflichtung zur Angabe der persönlichen Daten von Ordner*innen) sind weitreichend und diese Regelungen geben deutlich zu viel Interpretations-spielraum.

Freie Meinungsäußerung und Darstellung in der Öffentlichkeit ist nicht an bestimmte Formen gebunden. Kreative und künstlerische Aktionen gehören dazu, weil sie mehr Aufmerksamkeit erzeugen. Deshalb müssen auch lautstarke Sprechchöre, zugespitzte Darstellungen, möglicherweise auch durch Verkleidungen und friedliche Blockaden erlaubt sein.

Wenn Bürger*innen zukünftig Angst davor haben müssen, aufgrund der Teilnahme einer Versammlung erfasst, aufgenommen und mit Geldbußen oder sogar Haftstrafen belegt zu werden, dann ist in diesem Land was nicht in Ordnung.

Wenn Rechtsradikale und Rechtsextreme sich in diesem Land versammeln und rassistische Äußerungen skandieren dürfen und Bürger*innen einer Gegenversammlung zukünftig davon ausgehen müssen, dass ihre Gegenversammlung aufgelöst wird, dann ist in diesem Land die Demokratie gefährdet.

Das diese Landesregierung in NRW einen solchen Gesetzentwurf auf den Weg bringt, ist an Peinlichkeit nicht zu überbieten. Hier scheinen einige auf den Feldzug gegen die Demonstranten und Rechtsprechung von Brokdorf unterwegs zu sein.

Deshalb darf der Gesetzentwurf nicht verabschiedet werden.